"Es sollte immer um das Kind gehen"

Als Elternteil in der Welt der Jugendbetreuung zu landen, bedeutet oft Unsicherheit, Kampf und das Gefühl, allein zu sein. Nicole Fintelman weiß das alles. Zehn Jahre lang kämpfte sie für eine angemessene Hilfe für ihren Sohn mit Autismus. Jetzt setzt sie sich dafür ein, andere Eltern zu unterstützen. Die Gemeinde verfolgt nun einen ganz anderen Ansatz.

Als ihr zweiter Sohn geboren wird, merkt Nicole sofort, dass er anders ist. Er schreit lauter und heftiger als andere Säuglinge. Als Kleinkind schlägt er mit dem Kopf auf den Boden, was zu blauen Flecken führt. In der Kita läuft es nicht gut, und auch zu Hause ist es schwierig. Doch in der Schule scheint es zunächst gut zu laufen. Bis Nicole erfährt, dass ihr Sohn seine Tage unter einem Tisch verbringt.

Nicole Fintelmann
Nicole Fintelmann

"Wie können sie sagen, dass alles gut läuft, wenn er sich dort versteckt?", fragt sie sich. Ihr wird das Triple P-Elternprogramm zugewiesen. "Aber eine Standardpredigt über Ruhe und Regelmäßigkeit war nicht das, was mein Kind brauchte", sagt sie. Nach Aufforderung folgt ein Test: eine Autismus-Diagnose. Der Telefonanruf mit der Ankündigung hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. "Keine Erklärung, keine Anleitung. Ich musste mich damit abfinden."

In der Schule ändert sich wenig. Da ihr Sohn nicht stört, fühlt sich die Schule nicht verpflichtet, zusätzliche Unterstützung anzubieten. Nicole beschließt, auf eigene Faust zu suchen, und findet eine Sonderschule in Heerlen. In einer kleinen "Autistenklasse" mit acht Kindern blüht ihr Sohn auf. Mit ambulanter Unterstützung und gelegentlichen Übernachtungsmöglichkeiten für die Kinder kommt wieder Luft in die Familie.

Doch der Kampf geht weiter. Nach mehreren Jahren durfte ihr Sohn in die Regelschule zurückkehren. "Zunächst schien die Rückkehr nicht möglich, weil die Klasse zu voll war. Aber am Ende, nach vielen Gesprächen und Recherchen, hat es dann doch geklappt, zum Glück".

Für Nicole fühlt es sich an, als kämpfe sie schon seit 10 Jahren. "Die Behörden kooperieren nicht immer. Bei allem vermisse ich die Stimme der Kinder. Dabei sollte es immer um das Kind gehen. Die Eltern sind oft auf sich allein gestellt. Manche lassen es einfach geschehen, weil sie nicht wissen, was sie tun sollen.

Genau diese Signale veranlassten die Gemeinde Kerkrade, ihre Arbeitsmethoden zu ändern. Es wird nun viel genauer überwacht, ob die vereinbarte Hilfe tatsächlich geleistet wird und ob die Ziele erreicht werden. Auch die Eltern erhalten einen besseren Einblick in das, was geschieht und wie die Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern funktioniert. Die Gespräche finden so oft wie möglich bei den Familien zu Hause statt, zusammen mit den beteiligten Fachleuten. 

Nicole selbst bezeichnet sich als durchsetzungsfähig. Ihre Erfahrungen haben sie widerstandsfähig gemacht. Aber sie weiß, dass das nicht jeder kann. Gerade deshalb möchte sie anderen helfen. "Durch meinen Weg in der Jugendhilfe kenne ich die Möglichkeiten. Ich möchte Eltern dabei helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen."

Nach Jahren des Kampfes sieht sie jedoch auch Lichtblicke. Auch in der Gemeinde ist man sich darüber im Klaren, dass der Ansatz besser werden muss. "Es geht darum, dass alle zusammenarbeiten, im Interesse des Kindes. Das ist es, worum es geht.

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